 
			Nett kann ich auch – bringt aber nichts.
Wie Tiere uns lehren, dass Klarheit die freundlichste Form der Wahrheit ist
Sind Sie innerlich ein wenig zusammengezuckt, als Sie das Wort nett gelesen haben ? Mir geht es oft genauso. „Nett“ – was ist das eigentlich ? Angepasst ? Unauffällig ? Problemlos ?
Ich gebe zu: Nett gehört bei mir nicht zur Grundausstattung. Ich plädiere für Klarheit statt Nettigkeit.
In einem meiner Seminare sagte eine Teilnehmerin mit einem Augenzwinkern:
„Nett kann ich auch – bringt aber nichts.“
Ich musste lachen, weil sie damit etwas ausgesprochen hat, das viele von uns kennen: Wir möchten freundlich sein, rücksichtsvoll, niemandem zu nahe treten. Doch allzu oft verlieren wir uns dabei selbst.
Klarheit statt Nettigkeit
„Nettsein“ wird häufig mit Freundlichkeit verwechselt, ist aber oft nur der Versuch, Konflikte zu vermeiden. Wir nicken, obwohl wir innerlich zweifeln. Wir sagen „passt schon“, obwohl es nicht passt.
Und unser Tier ? Das spürt das sofort.
Für Tiere ist Nettsein keine Option.
Tiere sind ehrlich – immer.
Ein Hund, der einem Artgenossen begegnet, bemüht sich nicht um einen netten ersten Eindruck. Er ist klar und zeigt deutlich, ob er Kontakt möchte oder nicht. Und er hat kein Problem damit, seine Meinung zu ändern. Heute lieber Abstand, morgen vielleicht ein freundliches Schnüffeln – kein Drama, nur klar.
Katzen sind noch direkter. Sie verschwenden keine Energie auf Nettigkeiten. Wenn ihnen etwas nicht gefällt, drehen sie sich um und gehen. Ohne Schuldgefühl, ohne Erklärung.
Ob Hund oder Katze, Pferd oder Lama –
sie alle sind klar, eindeutig und unmissverständlich.
Kein Tier ist nett. Tiere können freundlich sein, manche sogar kompromissbereit (Katzen sind es eher selten), aber sie sind immer klar. Und genau diese Klarheit gibt Sicherheit im Miteinander.
Wir Menschen dagegen sind oft das Gegenteil.
Wir reden um den heißen Brei, warten auf den passenden Moment, wählen vorsichtige Formulierungen und schließen Kompromisse, zu denen wir innerlich gar nicht bereit sind.
Wenn unser Inneres „Nein“ sagt, aber der Mund „Ja“
Wir möchten gefallen, Frieden halten, Harmonie wahren.
Doch genau das erzeugt innere Spannung – und die spüren unsere Tiere.
Tiere reagieren nicht auf Worte, sondern auf das, was hinter den Worten mitschwingt.
Wenn unser Inneres „Nein“ sagt, unsere Körpersprache aber „Ja“, entsteht ein Widerspruch. Für das Tier fühlt sich das an wie ein Radiosender mit zwei Frequenzen, das Signal kommt nicht verständlich an.
Kein Wunder also, wenn es irritiert ist oder die Situation selbst klärt, weil wir zu lange zögern.
Ein Hund, der spürt, dass sein Mensch zögerlich ist, nimmt die Situation selbst in die Pfote.
Ein Pferd, das Unsicherheit spürt, reagiert mit Spannung.
Und eine Katze zieht sich zurück, wenn die Stimmung ihres Menschen sie verunsichert.
Unsere Tiere wünschen sich mehr Klarheit von uns HalterInnen, weil sie sich nur dann orientieren und sicher fühlen können.
 
			Heute schon klar gewesen ?
Versuchen Sie es doch mal, klar heisst nicht laut, nicht streng, nicht hart, klar ist ehrlich zu kommunizieren.
Übrigens: unsere tierischen Gefährten spüren ganz genau ob unser inneres Gefühl mit unserem äusseren Verhalten übereinstimmt.
Versuchen Sie doch mal, bewusst klar zu sein – nicht lauter, nicht strenger, sondern innerlich eindeutig. Stimmt Stimme und Körpersprache und Haltung überein, kann Vertrauen entstehen, wenn nicht – nicht.
Klarheit ist eine Form von Energie, die keine Worte braucht.
Wer freundlich und gleichzeitig klar ist, wird ernst genommen, vom Gegenüber und vom eigenen Tier.
Viele Tiere wünschen sich genau das: mehr Klarheit von uns als HalterInnen.
Denn klare Energie bedeutet Orientierung, und Orientierung schafft Sicherheit.
Unklare Signale dagegen machen uns alle unsicher – Mensch wie Tier.
Ein Hund, der spürt, dass sein Mensch zögert, steht innerlich unter Druck.
Ein Pferd reagiert auf wechselnde Körpersprache mit Anspannung.
Und eine Katze zieht sich zurück, wenn sie nicht weiß, woran sie ist.
Klarheit ist also kein Luxus. Sie ist Fürsorge.
Sie zeigt: Ich weiß, was ich will, und ich übernehme Verantwortung für das, was ich sende.
Echte Freundlichkeit braucht Ehrlichkeit.
Vielleicht ist das die wichtigste Botschaft, die Tiere uns schenken:
Klarheit und Echtheit sind wertvoller als Nettigkeit.
Ein ehrliches „Nein“ ist oft liebevoller als ein halbherziges „Ja“.
Und wer klar spricht, schenkt dem anderen Vertrauen, weil man sich auf ihn verlassen kann.
Tiere leben diese Haltung selbstverständlich.
Sie sind ehrlich, direkt, aber niemals lieblos.
Sie zeigen uns, dass wahre Freundlichkeit dort entsteht, wo wir uns selbst treu bleiben.
Klarheit heißt also nicht, sich durchzusetzen, sondern sich zu zeigen, so wie man ist.
Mutig. Ehrlich.
Es gibt Tage, an denen wir uns selbst nicht ganz sicher sind.
An denen wir zu viel Rücksicht nehmen, weil wir Angst haben, jemanden zu verletzen oder enttäuschen. Doch Klarheit braucht keinen Mut zur Härte, sondern Mut zur Wahrheit.
Fragen Sie sich in den nächsten Tagen:
- In welchen Momenten sage ich Ja, obwohl ich Nein meine ?
- Wann verpacke ich meine Meinung in Nettigkeiten ?
- Und wie reagiert mein Tier, wenn ich einfach ehrlich bin – zu mir selbst und zu ihm ?
Sie werden überrascht sein, wie Ihr Tier diese Veränderung wahrnimmt.
Neugierig geworden ?
In den Audioversionen meines communicanis-Infobriefes spreche ich ausführlicher über Themen wie dieses.
 
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